Data Privacy Litgation: 5.000 EUR Schmerzensgeld wegen Veröffentlichung eines Bildes
Das Arbeitsgericht Münster hat einer Arbeitnehmerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zugesprochen (Urteil vom 25. März 2021 – 3 Ca 391/20). Die Arbeitgeberin hatte ein Foto der Arbeitnehmerin veröffentlicht, bei dem die ethnische Herkunft und die Hautfarbe der Arbeitnehmerin im Vordergrund standen. Die Arbeitnehmerin hatte einer solchen Veröffentlichung nicht zugestimmt. Sie forderte Schmerzenzgeld unter anderem auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Kunsturhebergesetzes (KUG). Worum es in dem Fall geht Die Klägerin war bei der Beklagten als Koordinatorin im Postdoc-Programm beschäftigt. Aufgrund einer Initiative des Bereichs Marketing machte die Beklagte zahlreiche Fotos, auch von der Klägerin. Die Klägerin wurde vor den Aufnahmen gebeten, in die Aufnahmen und deren Verwertung einzuwilligen. Die Klägerin unterzeichnete die Einwilligungserklärung nicht, sondern gab auf dem Rand des Vordruckes an „nicht für mein Aussehen“. Die Beklagte veröffentlichte sodann eine Imagebroschüre, welche auch ein Foto enthielt, das die Klägerin beim Unterrichten zeigte. Das Bild war Teil eines in englischer Sprache abgefassten Werbetextes und enthielt die Unterschrift „internationalisation“. Dagegen richten sich Ansprüche der Klägerin. Sie verlangt von der Beklagten unter anderem die Zahlung eines angemessenen Schmerzenzgeldes. Die Klägerin sieht in der Veröffentlichung des Fotos in diesem Kontext eine Diskriminierung ihrer Person. Zudem habe sie einer Verwertung des Fotos in diesem Kontext nicht schriftlich zugestimmt. Die Entscheidung des Gerichts Das Arbeitsgericht Münster bejaht den Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schmerzensgeld. Die Klägerin habe entweder einen Anspruch auf Entschädigung aufgrund von § 15 AGG oder auf Schmerzensgeld aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO, § 823 BGB iVm § 22 KUG. „Die Beklagte hat unter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und das Kunst- Urhebergesetz ein Bild der Klägerin in einem auf ihre Hautfarbe bezogenen Zusammenhang verwendet, ohne eine schriftliche Einverständniserklärung der Klägerin. Die Ethnie der Klägerin ist auf dem Bild die zentrale Aussage, denn es wird geworben für die Internationalität der Universität. Nach Auffassung der Kammer ist die Aussage des Bildes: Bei uns unterrichten und lernen Menschen aus aller Herren Länder. Für dieses Bild wäre eine Person mit weißer Hautfarbe nicht herangezogen worden. Das Bild der Klägerin wurde vielmehr gerade wegen ihrer Hautfarbe verwendet. Die Beklagte hätte die Klägerin nach § 26 Abs. 2 S. 3 DSGVO eine schriftliche Einwilligung abgeben lassen müssen und zuvor in Textform über den Zweck der Datenverarbeitung und ihr Widerrufsrecht aufklären müssen. Im Arbeitsverhältnis ist § 22 KUG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Einwilligung der Schriftform bedarf, vgl. BAG 8 AZR 1010/13 , juris. Die Klägerin ist auch nicht derartig untergeordnet auf dem Bild zu sehen, dass nach § 23 KUG eine schriftliche Einwilligung nicht erforderlich ist.“ Damit kommt das Gericht zu dem Schluss, dass hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes „ein Gehalt“ ausreichend sei. Da die Klägerin ein Gehalt in Höhe von 5.009,04 EUR brutto im Monat erhalte, bezifferte das Arbeitsgericht die Höhe des Schmerzensgeldes mit 5.000,00 EUR. Praxistipp Die Entscheidung zeigt erneut, dass Arbeitsgerichte – anders als die ordentlichen Gerichte – bei Klagen auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nach Art. 82 DSGVO eher dazu tendieren, den Klägern Recht zu geben und ihnen deutlich höhere Summen als ordentliche Gerichte zusprechen (Übersicht bei Leibold, ZD-Aktuell 2021, 05146). Den Auftakt hierzu hat vor einem Jahr das Arbeitsgericht Düsseldorf mit seinem Urteil vom 5. März 2020 (9 Ca 6557/18) gemacht. Auch hier wurde dem Kläger nach einer datenschutzwidrigen Verarbeitung ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR aufgrund von Art. 82 DSGVO zugesprochen. Data Privacy Litgation, also Gerichtsverfahren, bei denen der Datenschutz die entscheidende Rolle spielt, wird für Unternehmen immer wichtiger. Gerade bei datenschutzrelevanten Verarbeitungsvorgängen stellen Schmerzensgeldklagen für Unternehmen ein nicht unerhebliches Risiko dar. Die Verteidigung wird im Streitfall dadurch erschwert, dass es sich hier um Neuland für manche Richter handelt und sich die angerufenen Gerichte – wie hier das Arbeitsgericht Münster – (noch) nicht mit der Rechtsprechung zum Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO auseinandersetzen. Es ist zu erwarten, dass der EUGH in Kürze zahlreiche Auslegungsfragen im Zusammenhang mit Art. 82 ff DSGVO zur Klärung vorgelegt bekommt. Das betrifft auch die schwierige Frage, nach welchen Kriterien die Höhe eines Schadensersatzes bemessen wird. In jedem Fall gilt: Nur wer im Prozess nachweisen kann, dass etwa eine Einwilligung für einen datenschutzrechtlichen Verarbeitungsvorgang erteilt und nicht widerrufen wurde, hat überhaupt eine Chance, sich gegen eine Klage auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu verteidigen.