#Twittersperrt #NeverQuit
Twitter hatte am 18. November 2020 unseren Account gesperrt. Er wurde nach erfolgter Abmahnung von Twitter wieder freigeschaltet, hierzu unten. Erstens wegen eines Tweets, in dem wir uns – ebenso wie in Fachaufsätzen und unserem Blog – kritisch mit der Sperrpraxis von Twitter auseinandersetzen. Zweitens wegen eines Tweets, in dem wir im Anschluss an unseren ersten Tweet unter anderem Corona-Leugner kritisiert hatten. Diese Kritik erfolgte, nachdem unser erster Tweet von Dritten gegenüber Twitter mit dem Ziel der Sperre gemeldet wurde. Beide Tweets sind eine kritische Auseinandersetzung mit der Sperrpraxis von Twitter und so genannten anonymen „Netzdenunzianten“ (vgl. hierzu Prof. Dr. Arnd Diringer). Der zweite Tweet bezog sich insoweit unter anderem auf die in unserem ersten Tweet erwähnten Corona-Leugner. Beide Tweets erfolgten im Rahmen einer „Gruppe“, in der – im Anschluss an einen Fachaufsatz (Laoutoumai/Löffel, K&R 2019, 447) – über die Problematik #Twittersperrt diskutiert wird. Tweets dieser Gruppe sind stets auch an die Deutschlandchefin von Twitter, Jolanta Baboulidis, gerichtet. Frau Baboulidis äußert sich gegenüber Medien gerne wie folgt: „Wir werden auch zukünftig dafür sorgen, dass Twitter die erste Anlaufstelle für Menschen ist, die daran interessiert sind, was auf der Welt passiert und sich darüber frei und öffentlich austauschen möchten.“ (basicthinking / Social Media,Wirtschaft, 1. August 2019) „Was sich bei Twitter nicht geändert habe: Die Plattform gebe jedem eine Stimme, und man könne darüber viel bewegen, wie in diesem Jahr vor allem die Bewegung #BlackLivesMatter gezeigt habe.“ (KressNews, 5. November 2020) Sind unsere Meinungsäußerungen für Twitter zu kritisch? Jedenfalls verhindert Twitter nun, dass wir uns zu rechtlichen Fragen „frei und öffentlich austauschen“ (Baboulidis): Aufgrund der Sperre können wir unseren Account nicht mehr öffnen. Zudem wurden beide von Netzdenunzianten gemeldeten Tweets von Twitter gelöscht („Dieser Tweet ist nicht mehr verfügbar“). Twitter musste sich zwar bereits im Jahr 2019 für willkürliche Sperrungen vor dem Bundestag rechtfertigen (hierzu SPIEGEL und NZZ). Geändert hat Twitter trotz zahlreicher Niederlagen in Verfahren vor deutschen Gerichten nichts. Der Twitter-Account von Tom Hillenbrand war mehr als 100 Tagen gesperrt. Unser Fall zeigt besonders anschaulich, wie willkürlich Twitter bei Sperrungen weiterhin verfährt: Der erste – hier abrufbare – Tweet enthält unsere rechtliche Auffassung zu der Aussage „Möge Coronaleugner_innen der Blitz treffen!“ von Johannes Rehborn, der ebenfalls bei Twitter gesperrt wurde. Unser Tweet war offensichtlich Netzdenunzianten ein Dorn im Auge. Sie meldeten den Tweet bei Twitter. Daraufhin schrieb uns Twitter am 17. November 2020, dass der Tweet nicht gegen Twitter Regeln verstoße: „Wir haben eine Beschwerde bezüglich deines Accounts, @Loeffel_Abrar, für den folgenden Inhalt erhalten […] Wir haben den gemeldeten Inhalt untersucht und konnten vorbehaltlich keinen Verstoß gegen die Twitter Regeln (https://support.twitter.com/articles/18311) oder deutsche Gesetze feststellen.“ Da Twitter uns erst einmal nicht sperrte, erfolgten offenbar weitere Meldungen dieses Tweets durch Netzdenunzianten an Twitter. Am 18. November 2020 schrieb uns Twitter überraschend, dieser Tweet verstoße gegen die Twitter Regeln, was freilich in einem unvereinbaren Widerspruch zu der oben zitierten ersten Meldung von Twitter vom 17. November 2020 steht: Hallo LÖFFEL ABRAR – IPLaw, dein Account, @Loeffel_Abrar, wurde wegen eines Verstoßes gegen die Twitter Regeln https://twitter.com/rules gesperrt. Insbesondere wegen: Verstoß gegen unsere Regeln über https://help.twitter.com/rules-and-policies/abusive-behavior Ein Tweet, der am 17. November 2020 nicht gegen die Twitter Regeln verstößt soll am 18. November 2020 plötzlich rechtswidrig sein? Das ist grotesk, zeigt aber leider, wie groß die Gefahr ist, dass unerwünschte Meinungsäußerungen schnell und einfach unterdrückt werden können, weil Twitter bei Sperren weiterhin willkürlich verfährt. Möglich ist dies, weil Twitter auch auf das massenhafte Melden völlig harmloser Tweet reagiert und dann die Opfer des Meldemissbrauchs tatsächlich sperrt, vermutlich einfach aufgrund der Anzahl der Meldungen („gemeldet wird dann jeder Tweet, sogar zum Wetter oder Geburtstagsglückwünsche„). Die Nutzung einer automatischen Sperrfunktion von Twitter durch die Meldung solcher Tweets erscheint auch mit Blick auf § 303b Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch nicht unbedenklich, was an dieser Stelle nur am Rande erwähnt werden soll (hierzu bald mehr). § 303b Abs. 1 Nr. 2 StGB lautet: (1) Wer eine Datenverarbeitung, die für einen anderen von wesentlicher Bedeutung ist, dadurch erheblich stört, dass er […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Nachstehend zum weiteren Verlauf unseres Vorgehens u.a. gegen Twitter: 19. November 2020: Abmahnschreiben (in englischer Sprache) an Twitter International Company und an die Anwälte von Twitter, die Twitter in solchen Fällen vertreten. Frist: 20.11.2020, 17.00 Uhr. 20. November 2020: Twitter schreibt uns kurz nach Ablauf der Frist, die Sperre werde aufgehoben. Unser Account ist freigeschaltet. Die gelöschten Tweets sind wieder hergestellt. Ein Teil der in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche hat Twitter damit erfüllt. Herzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, an alle Journalistinnen und Journalisten und alle anderen Twitternutzer, die für uns das Wort ergriffen und getwittert haben. Damit ist der Fall teilweise erledigt. Wir prüfen insbesondere Ansprüche gegen die Netzdenunzianten aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs in den Geschäftsbetrieb, § 823 Abs. 1 BGB, aufgrund der Meldung unserer offenkundig rechtmäßigen Tweets bei Twitter. Die Beweissicherung ist erfolgt. Unser Account wurde u.a. von einem Netzdenunzianten namens @Alex_mir_doch gemeldet. Er bezeichnet sich auf Twitter als „Ureinwohner ausm Plattenbau“ und „extrem mies“. Er meldet Accounts und feiert seine „Erfolge“ sodann auf Twitter unter dem Hashtag #HetzlichenDank – wie der hier abrufbare Screenshot zeigt (die Namen und Bilder anderer Nutzer haben wir unkenntlich gemacht). An dieser Stelle einen besonders herzlichen Dank an Professor Dr. Diringer, der sich immer wieder gegen ungerechtfertigte Twittersperren einsetzt und das Unwesen der Netzdenunzianten mehr und mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt.