Der Zugang zu Informationen, Produkten und Dienstleistungen spielt eine große Rolle in unserer digitalen und vernetzten Welt. Webseiten, Onlineshops und Apps haben einen großen Einfluss auf die gesellschaftliche Teilhabe. Doch trotz des wachsenden Angebots ist digitale Barrierefreiheit noch immer nicht der Standard. Das Internet ist noch immer nicht für alle Menschen zugänglich. Insbesondere in den Bereichen E-Commerce und Online Marketing ist es wichtig, ein umfassendes Verständnis dafür zu schaffen, wie digitale Barrierefreiheit genau aussehen kann. Dafür hat der Gesetzgeber mit dem neuen Gesetz zur digitalen Barrierefreiheit eine rechtliche Grundlage für Wirtschaftsunternehmen geschaffen. Erfahren Sie mehr über digitale Barrierefreiheit, wie Sie diese umsetzen können und was die Anforderungen sind, um Ihr Angebot inklusiv und zugänglich zu gestalten.

Was ist digitale Barrierefreiheit?  

Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass eine Website so gestaltet bzw. programmiert ist, dass sie von allen Menschen genutzt werden kann. Dies umfasst Personen mit Seh- oder Hörbehinderungen, motorischen oder kognitiven Einschränkungen sowie ältere Menschen, die mit dem World Wide Web nicht vertraut sind. Ziel der gesetzlichen Bestimmungen ist es, “Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf Teilhabe am Leben in der Gesellschaft” zu stärken sowie die “Harmonisierung des Binnenmarktes” zu gewährleisten. Doch digitale Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage der sozialen Verantwortung und der Inklusion. Website-Betreiber genießen dabei auch wirtschaftliche Vorteile: Je zugänglicher eine Website gestaltet ist, desto besser kann sie die eigene Zielgruppe erreichen und überzeugen. Dadurch lässt sich nicht nur der erste Eindruck verbessern, sondern unter anderem auch die Besucherzahlen sowie die Verweildauer auf der Website steigern. Diese Faktoren haben wiederum einen erheblichen Einfluss auf die Position der Website in Suchmaschinen wie Google. Zudem müssen betroffene Unternehmen aus dem öffentlichen sowie privaten Sektor sowie Betreiber von Webseiten, Onlineshops und mobilen Anwendungen (Apps) die gesetzlichen Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit beachten.

EU-Richtlinie und nationale Gesetze zur Barrierefreiheit im Internet  

Die Europäische Union (EU) hat ihre Mitgliedsstaaten bereits im Jahr 2016 dazu verpflichtet, eigene Regelungen zur digitalen Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor zu treffen (EU-Richtlinie 2016/2102). Dieser Pflicht ist Deutschland mit dem Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (BGG) nachgekommen. Die Regelungen aus dem BGG richten sich an öffentliche Stellen (z. B. Behörden, Organe der Rechtspflege, öffentlich-rechtliche Einrichtungen sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen). Davon ausgenommen waren bisher insbesondere Unternehmen aus der freien Wirtschaft, also der Privatsektor. Darauf hat die EU mit einer weiteren Richtlinie reagiert, die ebenfalls von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden sollte: die Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (2019/882). Deutschland hat im Jahr 2021 mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.

Digitale Barrierefreiheit: Das gilt ab 2025  

Die Regelungen des BFSG richten sich an alle Unternehmen und Personen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten. Eine Ausnahme gilt für kleine Dienstleistungsunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und höchstens 2 Millionen Euro Jahresumsatz. Darüber hinaus werden auch Betreiber von Webseiten sowie mobilen Anwendungen (z. B. Apps) in die Pflicht genommen. Produkte und Dienstleistungen, die unter das Gesetz fallen, müssen barrierefrei sein. Dies ist nach § 3 Abs. 1 S. 2 BFSG der Fall, wenn sie für Menschen mit Behinderungen

  • in der allgemein üblichen Weise,
  • ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe
  • auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

Es ist Aufgabe der Marktüberwachungsbehörde, anhand von sogenannten BITV-Tests die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zu überprüfen. Sowohl Privatpersonen (Verbraucher) als auch Verbände können die Behörde auf mögliche Verstöße aufmerksam machen oder gerichtlich gegen diese vorgehen. Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht sind zudem in der Regel auch abmahnfähig. Die Marktüberwachungsbehörde kann betroffene Unternehmen und Personen dazu auffordern, innerhalb einer von ihr festgesetzten angemessenen Frist geeignete Maßnahmen zur Barrierefreiheit zu ergreifen (§ 29 BFSG). Bleibt das Unternehmen trotz erneuter Aufforderung untätig, kann die Behörde eine Einstellung des Angebots durchsetzen. Der Verstoß gegen die geltenden Regelungen ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 37 Abs. 1 Nr. 8 BFSG. Es drohen sensible Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.

Informationspflichten über die Barrierefreiheit  

Betroffene Unternehmen und Personen müssen die Verbraucher leicht auffindbar und in verständlicher Weise über die Maßnahmen zur Barrierefreiheit informieren (§ 14 BFSG i.V.m. Anlage 3). Für Website-Betreiber werden dies in der Regel die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sein. Die Informationspflichten umfassen insbesondere folgende Angaben:

  • Beschreibung der geltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit
  • eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung (z. B. Gestaltung, Durchführung) in einem barrierefreien Format;
  • Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind;
  • eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die einschlägigen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt;
  • die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.

Wichtig ist, dass die bereitgestellten Informationen ihrerseits zugänglich, also barrierefrei gestaltet sind. Die Anforderungen sind etwa in § 12 BFSGV aufgeführt. Die Informationen …

  • werden über mehr als einen sensorischen Kanal bereitgestellt,
  • sind für den Verbraucher auffindbar,
  • werden in verständlicher Weise dargestellt,
  • werden den Verbrauchern auf eine Weise dargestellt, die sie wahrnehmen können,
  • werden ihrem Inhalt nach in Textformaten zur Verfügung gestellt, die sich zum Generieren alternativer assistiver Formate durch den Verbraucher eignen, die auf
  • unterschiedliche Art dargestellt und über mehr als einen sensorischen Kanal wahrgenommen werden können,
  • werden in einer Schriftart mit angemessener Größe und mit geeigneter Form unter Berücksichtigung des vorhersehbaren Nutzungskontexts und mit ausreichendem Kontrast sowie ausreichenden Abständen zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen dargestellt,
  • es wird eine alternative Darstellung des Inhalts angeboten, wenn Elemente nicht-textlichen Inhalts enthalten sind,
  • die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind, werden auf konsistente und angemessene Weise bereitgestellt, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.

Gerne unterstützen wir Sie bei dem Verständnis sowie der Umsetzung der rechtlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf.

Wichtige Fristen zur Umsetzung 

Die gesetzlichen Anforderungen gelten für Produkte, Dienstleistungen, Webseiten und Apps, die nach dem 28. Juni 2025 angeboten werden. Wer ab diesem Zeitpunkt keine Barrierefreiheit sicherstellen kann, riskiert unter Umständen rechtliche Konsequenzen. Für bestimmte Fälle sieht der Gesetzgeber jedoch großzügige Übergangsfristen vor, die in § 38 BFSG geregelt sind. Im Folgenden fassen wir diese kurz zusammen.

Fristverlängerung auf 5 Jahre (bis 27. Juni 2030)
Diese Umsetzungsfrist gilt für alle Dienstleistungserbringer, die Produkte vor dem 28. Juni 2025 genutzt haben. Diese dürfen die Produkte weitere 5 Jahre wie gewohnt im Einsatz behalten. Verträge, die vor dem 28. Juni 2025 geschlossen wurden, dürfen ebenfalls weitere 5 Jahre unverändert fortbestehen.

Fristverlängerung auf 15 Jahre (bis 27. Juni 2040)
Selbstbedienungsterminals dürfen grundsätzlich bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, aber nicht über 15 Jahre hinaus unverändert genutzt werden.

Beratung: Digitale Barrierefreiheit rechtssicher umsetzen  

Die Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit zielt darauf ab, dass alle Nutzer unabhängig von ihren physischen oder kognitiven Fähigkeiten auf Informationen und Dienstleistungen im Internet zugreifen können. Dies kann eine breite Palette von Maßnahmen umfassen. Von der Bereitstellung alternativer Texte und Wahrnehmungskanäle bis hin zur Gewährleistung der Navigierbarkeit einer Website ausschließlich mit der Tastatur. In diesem Zusammenhang ist es für betroffene Unternehmen und Personen entscheidend, sich bewusst zu machen, dass Barrierefreiheit keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess ist, der regelmäßige Überprüfung und Anpassung erfordert. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften kann zu rechtlichen Konsequenzen führen, einschließlich Abmahnungen, Klagen und Bußgelder. Bereits ab Juni 2025 müssen betroffene Produkte, Dienstleistungen, Webseiten und Apps barrierefrei sein. Eine gute Vorbereitung kann Unternehmen dabei helfen, ihre Angebote nicht nur technisch zugänglich zu gestalten, sondern die rechtlichen Anforderungen einzuhalten. Gerne beraten wir Sie zur Rechtslage im Hinblick auf die digitale Barrierefreiheit sowie Ihre vielfältigen Möglichkeiten bei der Umsetzung. Vereinbaren Sie gerne ein unverbindliches Erstgespräch mit unseren Experten!

Rechtsberatung vom Anwalt für IT- und Datenschutzrecht

Unsere Rechtsanwälte für IT-Recht Datenschutzrecht aus Düsseldorf unterstützen Unternehmen jeder Größenordnung in allen rechtlichen Fragen zum IT- und Datenschutzrecht. Wir beraten unsere Mandanten unter anderem bei der Durchsetzung von und der Verteidigung gegen datenschutzrechtliche Ansprüche.  Wir beraten auch Agenturen bei datenschutzrechtlichen Fragestellungen ihrer Kunden. Zu unseren Leistungen gehört auch die Unterstützung bei der Erstellung einer rechtssicheren Website.

Unsere Leistungen im Überblick:

  • Datenschutzrechtliche Prüfung des dargestellten Sachverhalts
  • Unterstützung bei der datenschutzkonformen Umsetzung eines Projektes
  • Unterstützung bei der Durchsetzung oder Abwehr von datenschutzrechtlichen Ansprüchen
  • Beratung bei der Gestaltung von IT-Verträgen
  • Unterstützung beim Aufbau eines Online-Shops

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