Fällt die eigene Internetseite von Anbauvereinen in das Werbeverbot?

Seit Juli 2024 gilt das neue Konsum-Cannabisgesetz (KCanG). Mit dem Gesetz wird der legale Konsum von Cannabis geregelt. Um jedoch ungewollte Konsumanreize einzudämmen, ist der legale Konsum und Umgang mit Cannabis durch das Gesetz stark reglementiert. So enthält das Gesetz zudem ein vom Wortlaut her sehr weitreichendes Werbeverbot in § 6 KCanG. Danach ist die Werbung und das Sponsoring für Cannabis und Anbauvereine verboten. Was aber fällt unter dieses sehr weit gefasste Werbeverbot und was ist noch erlaubt. In der Praxis stellt sich hierbei vor allem auch die Frage, ob Anbauvereine eine eigene Internetseite betreiben dürfen oder ob das bereits unter das Werbeverbot fällt.

Der Begriff der Werbung wird in § 1 Nr. 14 KCanG näher definiert als:

„(…) jede Art von kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel, der Wirkung oder der wahrscheinlichen Wirkung, den Konsum oder die Weitergabe von Cannabis unmittelbar oder mittelbar zu fördern, unabhängig davon, ob die Kommunikation über das gesprochene Wort persönlich oder im Hörfunk, digital, in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung innerhalb oder außerhalb geschlossener Räume einschließlich Schaufensterwerbung erfolgt; als Werbung gilt auch solche kommerzielle Kommunikation, bei der davon ausgegangen werden muss, dass sie von einem nicht unerheblichen Teil der Adressatinnen und Adressaten als Werbung für Cannabis gemäß dem ersten Halbsatz wahrgenommen wird;“

Nach der Gesetzesbegründung ist dabei von einem weiten Verständnis des Begriffs auszugehen. So heißt es zu § 1 Nr. 14 KCanG dort (BT-Drucks. 20/8704, S. 92):

„Der Begriff der Werbung wird umfassend definiert und umfasst sowohl Werbung in Hörfunk, in gedruckter als auch digitaler Form. Werbung im Internet und in Sozialen Medien, auch durch Influencerinnen und Influencer wird erfasst, sofern davon ausgegangen werden kann, dass Adressatinnen und Adressaten die Darstellung als Werbung für Cannabis wahrnehmen.“

Soweit ersichtlich, hat die Regelung einen produktbezogenen Schwerpunkt und zielt damit weniger auf die direkte Bewerbung von Anbauvereinigungen als vielmehr auf die Bewerbung von Cannabis.

Was ist Sponsoring im Sinne des KCanG?

Der Begriff des Sponsorings wird in § 1 Nr. 15 KCanG näher definiert als:

„(…) jede Förderung von Einzelpersonen, Anbauvereinigungen oder Veranstaltungen in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen mit dem Ziel, der Wirkung oder der wahrscheinlichen Wirkung, den Konsum oder die Weitergabe von Cannabis unmittelbar oder mittelbar zu fördern; ausgenommen sind Förderungen im Binnenverhältnis zwischen einer Anbauvereinigung und ihren Mitgliedern;“

Auch hier geht die Gesetzesbegründung von einem weiten Begriffsverständnis aus (BT-Drucks. 20/8704, S. 92f). Danach sei Sponsoring jegliche Form der Förderung, außerhalb der Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung, insbesondere im Zusammenhang mit einem medienwirksamen Ereignis, der Wirkung oder der wahrscheinlichen Wirkung den Konsum oder die Weitergabe von Cannabis zu steigern oder Konsumanreize zu schaffen.

Ausgangspunkt: Weiter Anwendungsbereich des Werbeverbots

Anhand des Wortlauts von § 6 KCanG in Verbindung mit den Begriffsbestimmungen in § 1 Nr. 14 KCanG (Werbung) und § 1 Nr. 15 KCanG (Sponsoring) ist zunächst von einem weiten Anwendungsbereich des Werbeverbots in § 6 KCanG auszugehen, denn die beiden Anknüpfungssachverhalte Werbung und Sponsoring werden nach der Gesetzesbegründung ebenfalls denkbar weit ausgelegt.

Die Gesetzesbegründung ist also zur Eingrenzung des weiten Werbeverbots nicht ergiebig. Dort heißt es zu § 6 KCanG (BT-Drucks. 20/8704, S. 98):

„Auch Werbung und Marketing für Anbauvereinigungen, etwa in Schaufenstern, ist unzulässig.“

Vielmehr dient das weite generelle Werbeverbot ausdrücklich dem Schutze der Jugend und der Gesundheit der Bevölkerung durch die Verhinderung von Konsumanreizen (BT-Drucks. 20/8704, S. 98).

Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Suchtprävention ist es Anbauvereinigungen nach § 23 Abs. 2 S. 1 KCanG zudem untersagt, ihr befriedetes Besitztum nach außen durch werbende Beschilderungen oder andere auffällige gestalterische Elemente erkennbar zu machen. Lediglich sachliche Angaben zum Namen sind zulässig. Umgekehrt enthält § 23 KCanG jedoch kein ausdrückliches Verbot für Anbauvereinigungen, eine eigene Internetseite mit sachlichen Informationen zu betreiben. Nach der Gesetzesbegründung sollen Anbauvereinigungen diskret tätig sein und möglichst wenig Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen auf sich ziehen (BT-Drucks. 20/8704, S. 119). Mitgliedern soll es gleichwohl möglich bleiben, die Anbauvereinigungen auffinden zu können, wofür jedoch eine sachliche Gestaltung ausreichend sein soll (BT-Drucks. 20/8704, S. 119).

Sachliche Informationen allerdings zulässig?

Das Erfordernis, diskret und wenig auffällig zu sein bedeutet allerdings nicht, dass Anbauvereinigungen vollkommen unsichtbar im Verborgenen agieren sollen. Das würde auch einem wesentlichen Ziel des Gesetzes widersprechen, nämlich das Gesundheitsrisiko dadurch zu minimieren, dass der Konsum von unreinem Cannabis vom Schwarzmarkt eingedämmt wird (BT-Drucks. 20/8704, S. 1). Ein erklärtes Ziel ist es somit, den illegalen Schwarzmarkt einzudämmen. Dieses Ziel wird an zahlreichen weiteren Stellen in der Gesetzesbegründung auch mit der Arbeit der Anbauvereinigungen in Verbindung gebracht. So heißt es beispielsweise zur Regelung in § 16 Abs. 5 KCanG u.a. (BT-Drucks. 20/8704, S. 112):

„Mit einer Mitgliedschaft von drei Monaten wird auch Gelegenheitskonsumierenden die Möglichkeit einer Mitgliedschaft eröffnet, um so weit wie möglich einen illegalen Erwerb von Cannabis auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden (…).“

Nach § 18 KCanG müssen zudem Maßnahmen zur Qualitätssicherung unternommen werden, u.a. um verlässliche Angaben zum THC-Gehalt zu erlangen (BT-Drucks. 20/8704, S. 113). Anbauvereinigungen dürfen nach § 22 Abs. 2 KCanG Cannabis nur in den eigenen Räumen lagern. Das dient nach der Gesetzesbegründung ebenfalls der Eindämmung des Schwarzmarktes, da die Regelung verhindere, dass Cannabis an unüberschaubar vielen Orten lagert und deshalb nicht mehr nachvollzogen werden kann, von wem es wo angebaut wurde (BT-Drucks. 20/8704, S. 118). Das Ziel, den Schwarzmarkt wirksam einzudämmen, kann jedoch nur erfolgreich verfolgt werden, wenn Anbauvereinigungen nicht im Verborgenen agieren. Anbauvereinigungen muss es daher möglich sein, auf sachliche Weise diskret auf sich aufmerksam zu machen und über die eigene Arbeit zu informieren. Hierdurch kommt es zwar zwangsläufig zu einem Zielkonflikt, denn ein weiteres Ziel des Gesetzes ist es, Konsumanreize abzubauen. Dieser Zielkonflikt kann allerdings dadurch aufgelöst werden, dass eine sachliche Information zu Anbauvereinigungen nicht als Werbung oder Sponsoring eingestuft wird, solange diese sich auf reine Sachinformationen und auf die Arbeit der Anbauvereinigung beschränkt.

Vergleich zum Werbeverbot für Tabakerzeugnisse

Wie dargestellt sind der Wortlaut und die Gesetzesmaterialien zum KCanG nicht geeignet, um eine abschließende Bewertung der Reichweite des Werbeverbots abzugeben. Allein anhand des Wortlauts und der knappen Begründungen zu den einzelnen Regelungen wäre vielmehr von einem sehr weit zu verstehenden Werbeverbot auszugehen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Rechtsprechung den weiten Wortlaut bzw. Anwendungsbereich künftig auch mit Blick auf die verfolgten Ziele zumindest ein wenig konkretisiert und dadurch eingrenzt. Dies hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit bereits zu vergleichbaren Regelungen getan. Zu denken ist hier insbesondere an das ebenfalls weit formulierte Werbeverbot für Tabakerzeugnisse in § 21 Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG).

Zur Auslegung des dort ebenfalls verwendeten Begriffs der Werbung hat der BGH festgestellt, dass von einer indirekten Werbung noch auszugehen sei, wenn durch die Abbildung von vier gut gelaunten Personen, die Tabakerzeugnisse in der Hand halten, diese Produkte den Besucher der Internetseite dadurch näher gebracht und als attraktiv dargestellt werden sollen (BGH, Urt. v. 5.10.2017 – I ZR 117/16). Würde man die Tabakerzeugnisse in der Abbildung durch Cannabis ersetzen, würde der BGH zu § 6 KCanG wohl keine andere Feststellung treffen.

Allerdings unterscheidet der BGH in seiner Entscheidung in Randnummer 30 ausdrücklich zwischen der beanstandeten Darstellung und dem Internetauftritt als solchen (BGH, Urt. v. 5.10.2017 – I ZR 117/16, Rn. 30). Nicht bereits das Vorhalten eines Internetauftritts fällt unter das Werbeverbot. Hierzu führt der BGH aus:

„(…) Zwar käme möglicherweise ein unverhältnismäßiger Eingriff in diese Grundrechte in Betracht, wenn Unternehmen der Tabakindustrie generell daran gehindert würden, das Medium Internet zur Förderung ihres Erscheinungsbildes einzusetzen. Ein so weitreichendes Verbot steht vorliegend aber nicht in Rede. Es bezieht sich vielmehr nur auf die einer breiten Öffentlichkeit allgemein zugänglichen Startseite des Internetauftritts der Bekl.“

So unterfiel auch ein Online-Shop, der lediglich Tabakwaren anbietet, nicht dem Werbeverbot nach Art. 3 TabakwerbeRL (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.10.2007 – 19 U 184/06). Das konkrete Angebot im Online-Shop stellte insoweit keine Werbung mehr dar.

Unter Heranziehung dieser Rechtsprechung kann der Begriff der kommerziellen Kommunikation, der wesentlicher Bestandteil von Werbung im Sinne von § 1 Nr. 14 KCanG ist womöglich dadurch eingegrenzt werden, dass das bloße Vorhalten einer rein informatorischen Internetseite noch nicht zwangsläufig als Werbung im Sinne von§ 6 KCanG i.V.m. § 1 Nr. 14 KCanG angesehen werden muss. Das muss umso mehr gelten, wenn Besucher zunächst auf eine Starseite gelangen, welche eine Altersverifikation vorsieht und der eigentliche Inhalt der Internetseite somit nicht unmittelbar einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist. Je nach Ausgestaltung der Internetseite im Einzelfall sprechen die besseren Gründe dafür, die rein informatorische Internetseite eines Anbauvereins nicht unter das allgemeine Werbeverbot aus § 6 KCanG fallen zu lassen. Gleichwohl sehen sich die Anbauvereine ein Risiko ausgesetzt, bis es zu dieser Frage eine verbindliche Antwort aus der Rechtsprechung gibt.

Folgen bei einem Verstoß

Ein Verstoß gegen das Werbeverbot in § 6 KCanG stellt nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 KCanG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000,00 EUR geahndet werden (§ 36 Abs. 2 KCanG). Darüber hinaus dürfte es sich bei § 6 KCanG um eine sog. Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handeln. Ein Verstoß kann somit auch über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von einem Mitbewerber und/oder einer Wettbewerbs- oder Verbrauchervereinigung abgemahnt werden. Eine solche Abmahnung ist auf Unterlassung weiterer Verstöße gerichtet, was im Ergebnis zur Beendigung der wettbewerbswidrigen Handlung führt. Im vorliegenden Kontext würde das die Einstellung der Website in der beanstandeten Form bedeuten.

Sebastian Laoutoumai, LL.M.