In arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen wird das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO weiterhin als strategisches Druckmittel eingesetzt. Arbeitnehmer nutzen es gezielt, um Unternehmen zur Herausgabe umfassender Informationen zu zwingen – häufig in der Hoffnung, sich dadurch eine bessere Verhandlungsposition zu verschaffen. Für Unternehmen bedeutet das oft einen erheblichen Aufwand in Bezug auf Zeit, Personal und Ressourcen. Befeuert wurde diese Praxis durch mehrere insbesondere erstinstanzlichen Entscheidungen von Arbeitsgerichten in der Vergangenheit, die bei bloß verspäteter oder unvollständiger Auskunftserteilung hohe Schadensersatzsummen zusprachen – teils bis zu 10.000 Euro.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner aktuellen Entscheidung vom 20. Februar 2025 (Az. 8 AZR 61/24) nun für mehr Klarheit gesorgt. Es betont dabei einerseits zwar die Wichtigkeit des Auskunftsrecht. Lässt aber pauschale Ausführungen in Bezug auf einen angeblich erlittenen Schaden nicht ausreichen. 

BAG: Kein DSGVO-Schadensersatz bei bloßer Verspätung der Auskunft

Das BAG stellte klar: Ein bloß verspätet erteilter Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO rechtfertigt nicht automatisch einen immateriellen Schadensersatz. Voraussetzung sei vielmehr, dass der Kläger nicht nur einen DSGVO-Verstoß nachweist, sondern auch einen konkreten Schaden substantiiert darlegt.

Wörtlich führt das Gericht aus:

„Die Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, muss (...) auch darlegen, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist.“

Ein nur allgemein behaupteter Kontrollverlust über personenbezogene Daten reiche nicht aus. Vielmehr müsse die betroffene Person eine begründete Befürchtung eines tatsächlichen Datenmissbrauchs darlegen können. Hypothetische Risiken oder subjektive Gefühle genügen nicht.

Kontrollverlust und emotionale Belastung: Strenge Anforderungen an den Schadensnachweis

Laut BAG ist ein immaterieller Schaden nur dann anzunehmen, wenn objektive Anhaltspunkte für eine reale Missbrauchsgefahr vorliegen. Eine verspätete Auskunft begründet hingegen für sich noch keinen Datenabfluss oder eine unzulässige Speicherung – es liege ohne weitere Ausführungen lediglich ein zeitlicher Verzug vor. Auch auf die häufig geltend gemachte emotionale Belastung geht das Gericht ein: Trotz eines reduzierten Beweismaßes für immaterielle Schäden (§ 287 ZPO) sei eine bloße Befürchtung oder „ein schlechtes Gefühl“ kein ausreichender Nachweis.

„Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage reicht dabei nicht aus. (...) Die eigenständige Voraussetzung des Schadens würde damit bedeutungslos.“

Arbeitsgerichte in der Kritik: Goldgräberstimmung durch hohe Ersatzsummen

In der Vergangenheit hatten mehrere Arbeitsgerichte Klägern hohe Summen zugesprochen – teils mit dürftiger Begründung. So wurden etwa 10.000 Euro Schadensersatz bei verspäteter Auskunft (z. B. ArbG Duisburg, ArbG Oldenburg) zugesprochen, ohne dass ein konkreter Schaden dargelegt wurde.

Diese Urteile führten in der Konsequenz zu einer Goldgräberstimmung – das Auskunftsrecht entwickelte sich zu einem beliebten Verhandlungshebel in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Besonders problematisch: Das ArbG Duisburg interpretierte die Frist aus Art. 12 Abs. 3 DSGVO zusätzlich streng und forderte eine sofortige Auskunft . Nur in begründeten Ausnahmefällen kann die Monatsfrist nach dem ArbG Duisburg vollständig ausgeschöpft werden. Für Unternehmen bedeutete dies zwangsläufig einen zusätzlichen Druck, insbesondere bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen große Datenmengen verarbeitet werden mussten. Zwar lässt sich die Ausschöpfung der Monatsfrist in den meisten Fällen nachvollziehbar begründen. Das Risiko, dass das zuständige Arbeitsgericht sich der Auffassung des ArbG Duisburg anschließt, verbleibt hingegen beim Unternehmen. Hinzu kommt, dass weder das LAG Düsseldorf noch jetzt das BAG zu dieser Frage Stellung nehmen mussten, denn sie verneinten den Schadenersatzanspruch bereits aus anderen Gründen. 

Klarstellung durch das BAG: Keine Entschädigung ohne konkreten Schaden

Mit dem Urteil des BAG ist nun deutlich geworden: Pauschale Ausführungen reichen nicht mehr. Die Kläger müssen künftig darlegen, welcher Schaden konkret entstanden ist – und das unter objektiven Kriterien. Zwar war dies auch vorher schon rechtlich erforderlich, doch viele Arbeitsgerichte legten die Maßstäbe sehr großzügig aus. Das BAG korrigiert nun diese Entwicklung und setzt dem „Ausnutzen“ der DSGVO als Druckmittel klarere Grenzen.

Fazit: Rückbesinnung auf den eigentlichen Zweck des Auskunftsrechts

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bringt Unternehmen ein Stück Sicherheit zurück. Sie zeigt deutlich: Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ist kein Freifahrtschein für hohen Schadensersatz, sondern ein datenschutzrechtliches Informationsinstrument. Nur wenn tatsächlich erlittene Schäden auch konkret vorgebracht werden, besteht auch ein Anspruch auf Entschädigung. Ob dies bei einer nur verspäteten Auskunft realistischer Weise überhaupt der Fall sein kann, erscheint fraglich. 

Wenn sich diese Klarstellung durch das BAG ebenso schnell verbreitet wie frühere, klägerfreundliche Entscheidungen, kann das künftig zu einer sachlicheren Auseinandersetzung im Arbeitsrecht beitragen – im Interesse beider Seiten.

 Mehr zum Auskunftsrecht auf unserer Fokusseite "Das datenschutzrechtliche Recht auf Auskunft - Art. 15 DSGVO" 

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