Das Verwaltungsgericht Münster hat sich in einer aktuell veröffentlichten Entscheidung (Urt. v. 28.4.2025 - 1 K 3701/21) mit dem Umfang des Auskunftsanspruch und insbesondere dem Anspruch auf Erhalt einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO befasst. 

Die Entscheidung des VG Münster  (Urt. v. 28.4.2025 - 1 K 3701/21)

Das VG Münster  (Urt. v. 28.4.2025 - 1 K 3701/21) hat in seiner Entscheidung noch einmal klargestellt, dass mithilfe von Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht per se ein Anspruch auf Herausgabe von Dokumenten verbunden ist, in denen die personenbezogenen Daten verkörpert sind. So heißt es in der Entscheidung zunächst:

„Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist jedoch geklärt, dass Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO grundsätzlich keinen gegenüber Art. 15 Abs. 1 DSGVO eigenständigen Anspruch gegen den Verantwortlichen auf Zurverfügungstellung von Dokumenten mit personenbezogenen Daten gewährt.

Das Recht, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zu erhalten, bedeutet, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten übermittelt wird, so dass eine rein allgemeine Beschreibung der Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, oder ein Verweis auf Kategorien personenbezogener Daten dieser Definition nicht entspräche. Die Kopie, die der Verantwortliche zur Verfügung zu stellen hat, muss alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, alle Merkmale aufweisen, die es der betroffenen Person ermöglichen, ihre Rechte gemäß der Datenschutzgrundverordnung wirksam auszuüben, und diese Daten daher vollständig und originalgetreu wiedergeben. Im Übrigen bezieht sich der Begriff "Kopie" nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält und die vollständig sein müssen.“

Erst wenn der Erhalt einer Kopie von Dokumenten unerlässlich ist, um seine Betroffenenrechte wirksam ausüben zu können, kann sich aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO ein Anspruch auf Herausgabe auch von Kopien von Auszügen aus Dokumenten oder sogar ganze Dokumente ergeben. Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich sei, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten.

Keine Vermutung der Erforderlichkeit zur Kontextualisierung

Es bestehe allerdings keine generelle Vermutung dafür, dass der Erhalt von Dokumenten für eine Kontextualisierung erforderlich sei. Hierzu das VG Münster  (Urt. v. 28.4.2025 - 1 K 3701/21) weiter

„Vielmehr obliegt es der betroffenen Person darzulegen, dass die Kopie der personenbezogenen Daten sowie die Mitteilung der Informationen nach Art. 15 Abs. 1 lit. a) bis h) DSGVO für die Wahrnehmung der ihr durch die Datenschutzgrundverordnung verliehenen Rechte nicht genügt. Begehrt die betroffene Person die Zurverfügungstellung von Kopien von Dokumenten mit ihren personenbezogenen Daten, ist es an ihr zu benennen, welche ihr durch die Datenschutzgrundverordnung verliehenen Rechte sie auszuüben gedenkt und darzulegen, aus welchen Gründen die Zurverfügungstellung von Kopien von Dokumenten mit personenbezogenen Daten hierfür unerlässlich ist. Andernfalls liefe das durch den Europäischen Gerichtshof aufgestellte Regel-Ausnahme-Prinzip ins Leere, wonach nur ausnahmsweise ein Anspruch auf eine (auszugsweise) Kopie des Dokuments, das die personenbezogenen Daten enthält, besteht. Einer entsprechenden Vermutung der Unerlässlichkeit bedarf es im Übrigen auch nicht, um einen effektiven Datenschutz zu gewährleisten. Regelmäßig genügt es für die Wahrnehmung der durch die Datenschutzgrundverordnung verliehenen Rechte, wenn die betroffene Person Kenntnis von den über sie verarbeiteten personenbezogenen Daten erlangt und ihr die Informationen nach Art. 15 Abs. 1 lit. a) bis h) DSGVO mitgeteilt werden. Insbesondere durch die Mitteilung, welche personenbezogenen Daten verarbeitet werden und zu welchem Zweck diese Verarbeitung erfolgt, ist die betroffene Person bereits regelmäßig in der Lage, die Richtigkeit der personenbezogenen Daten und die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung zu überprüfen.“

Ausblick für die Praxis

Das VG Münster (Urt. v. 28.4.2025 - 1 K 3701/21) verlangt von Betroffenen eine hinreichende Begründung, warum der Erhalt von Dokumenten für die Kontextualisierung erforderlich ist (so auch OLG Dresden, Beschl. v. 13.2.2025 – 4 U 1584/22; a.A. wohl AG Chemnitz, Urt. v. 22.11.2024 – 16 C 1063/24). Im Prozess bedeutet dies, dass ein entsprechend weiter Antrag unbegründet bleibt, solange nicht zu solchen Umständen vorgetragen wird. Nach dem VG Münster reiche hierfür nicht aus, wenn lediglich sinngemäß vorgetragen werde, dass man die Dokumente für die Geltendmachung von Berichtigungs- und Löschungsansprüchen brauche, insbesondere wenn sich bereits aus anderen Umständen der erforderliche Kontext bereits ergebe.

 Die Entscheidung gibt Unternehmen bis auf Weiteres Argumente an die Hand, um auf weitereichende Auskunftsverlangen reagieren zu können. Pauschale und insbesondere nicht nähere begründete Anfragen auf Herausgabe von ganzen Dokumenten kann mit der Bitte beantwortet werden, näher darzulegen, warum die Herausgabe ganzer Dokumente erforderlich ist. Freilich muss man dabei stets eine eigene Risikobewertung vornehmen und insbesondere auch die abweichende Auffassung zum Beispiel des AG Chemnitz im Blick behalten.

 Mehr zum Auskunftsrecht auf unserer Fokusseite "Das datenschutzrechtliche Recht auf Auskunft - Art. 15 DSGVO" 

Rechtsberatung vom Anwalt für IT- und Datenschutzrecht

Unsere Rechtsanwälte für IT- und Datenschutzrecht aus Düsseldorf unterstützen Unternehmen jeder Größenordnung in allen rechtlichen Fragen zum IT- und Datenschutzrecht. Wir beraten unsere Mandanten unter anderem bei der Durchsetzung von und der Verteidigung gegen datenschutzrechtliche Ansprüche.  Wir beraten auch Agenturen bei datenschutzrechtlichen Fragestellungen ihrer Kunden. 

Unsere Leistungen im Überblick:

  • Datenschutzrechtliche Prüfung des dargestellten Sachverhalts
  • Unterstützung bei der datenschutzkonformen Umsetzung eines Projektes
  • Unterstützung bei der Durchsetzung oder Abwehr von datenschutzrechtlichen Ansprüchen
  • Beratung bei der Gestaltung von IT-Verträgen
  • Unterstützung beim Aufbau eines Online-Shops

Mehr zu unseren Leistungen im IT- und Datenschutzrecht finden Sie hier:

Gerne bringen wir Ihnen im Rahmen eines unverbindlichen Erstgesprächs die Rechtslage näher und unterstützen Sie dabei, Rechtsklarheit zu gewinnen. Kontaktieren Sie uns jederzeit für ein Kennenlerngespräch. 

Weitere Blogbeiträge