Die Werbung mit Preisermäßigungen ist für Unternehmen und Händler ein wichtiges Mittel, um Kunden kurzfristig für ihre Angebote zu interessieren. Um Verbraucher vor irreführenden Preiswerbungen besser zu schützen, wurde § 11 PAngV neu geschaffen. Seit dem mussten sich bereits zahlreiche Gerichte mit der Auslegung dieser Vorschrift befassen. Nachdem der EuGH sich mit der Auslegung der zugrundeliegenden Vorschrift in Art. 6a RL/98/6/EG befassen musste (wir bereichteten bereits hier), hat sich nun auch der BGH zur Auslegung von § 11 PAngV äußern können. Der Entscheidung des BGH lag ein Verfahren vor dem OLG Nürnberg zugrunde, über welches wir in unserem Blog bereits ausführlich berichtet hatten (zum Beitrag).
Zum Hintergrund der Entscheidung
Der beklagte Discounter warb in einem Werbeprospekt eines ihrer Produkte im Sortiment unter der Angabe des aktuellen Verkaufspreises von 4,44 EUR. Der beklagte Discounter gab zudem kleingedruckt einen weiteren Preis mit 6,991 EUR. Zusätzlich enthielt die Werbung den Hinweis auf eine Preisermäßigung von -36%.
Der kleingedruckte Preis von 6,991 EUR verwies auf eine Fußnote, in der mitgeteilt wurde „bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [das beworbene Produkt für 4,44 EUR]“. Tatsächlich verlangte der beklagte Discounter für dieses Produkt in der Vorwoche der beanstandeten Werbung einen Preis von 6,99 EUR und in der Woche davor einen Preis von 4,44 EUR.
Hiergegen wandte sich die Klägerin und bekam in den Instanzen und nunmehr auch vor dem BGH Recht. Die vom beklagten Discounter vorgenommene Preiswerbung verstößt gegen den in § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV normierten Grundsatz der Preisklarheit. Dabei hatte das OLG Nürnberg als Berufungsinstanz offenlassen können, ob auch ein Verstoß gegen § 11 PAngV vorlag. Es war der Ansicht, dass die Werbung bereits aus anderen Gründen irreführend sei, weil aus der Gesamtschau der normal informierte und Verständige Durchschnittsverbraucher den Referenzpreis anhand der konkreten Angaben in der Werbung nicht unschwer ermitteln kann, sondern vielmehr über den Umfang des Preisnachlasses im Unklaren gelassen werde (OLG Nürnberg, 24.9.2024 – 3 U 460/24).
Die Entscheidung des BGH
Dieser Ansicht ist der BGH in seiner Entscheidung über die Revision des beklagten Discounters gefolgt (aus der veröffentlichten Pressemitteilung):
„Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV reicht es nicht aus, dass der niedrigste Gesamtpreis in beliebiger Weise angegeben wird. Aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierten Gebot der Preisklarheit folgt vielmehr, dass diese Angabe in einer für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise zu erfolgen hat. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Werbung der Beklagten diesen Anforderungen nicht gerecht. Mit der unzureichenden Angabe des niedrigsten Gesamtpreises enthält die Beklagte den Verbrauchern eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG vor. Die Preiswerbung der Beklagten ist deshalb unzulässig.“
Hiernach reicht es nicht aus, irgendeine – wenn auch zutreffende – Preisermäßigung (hier: -36%) anzugeben. Die beworbene Preisermäßigung muss sich vielmehr auf den Referenzpreis im Sinne von § 11 Abs. 1 PAngV beziehen. Werden zu viele Preisangaben in der Werbung gemacht, kann das zu einer entsprechenden Irreführung des Verbrauchers führen, selbst wenn die Angaben isoliert betrachtet zutreffend sein sollten. Zugleich dürfen die Angaben nicht in schlecht lesbaren Fußnoten versteckt werden.
Die Entscheidung ist im Volltext hier abrufbar. |
Auswirkungen für die Praxis
Worauf ist also bei der Werbung mit Preisermäßigungen zu achten? Nachfolgend haben wir die wichtigsten Punkte nach der Entscheidung des BGH und des EuGH in der Sache C-330/23 zusammengefasst.
Welcher „vorherige Preis“ darf als Referenzpreis dienen?
Nach § 11 Abs. 1 PAngV und der Entscheidung des EuGH in der Sache C-330/23 muss die beworbene Preisermäßigung zwingend auf dem niedrigsten Preis innerhalb der letzten 30 Tage vor Beginn der Ermäßigung beruhen.
Es reicht nicht, einen höheren zuletzt verlangten Preis heranzuziehen und nur zusätzlich den 30-Tage-Referenzpreis (z. B. in der Fußnote) anzugeben.
Der vorherige Referenzpreis ist gesetzlich definiert als „der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat“.
Muss der Referenzpreis bei jeder Preisermäßigung angegeben werden?
Ja, § 11 Abs. 1 PAngV verlangt, dass bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage anzugeben ist.
Die Angabe muss transparent, klar und gut lesbar erfolgen, sodass Verbraucher sie unmittelbar erkennen und verstehen können (kein Verstecken im Kleingedruckten).
Genügt es, den Referenzpreis in einer Fußnote oder Kleingedrucktem zu nennen?
Nach der Entscheidung des BGH reicht es nicht aus, wenn der niedrigste Preis der letzten 30 Tage nur „irgendwo“ angegeben wird (z. B. Fußnote), insbesondere wenn der durchgestrichene Preis und das Rabattversprechen in der Werbung sich auf einen anderen Preis beziehen.
Der BGH stellt klar: „Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV reicht es nicht aus, dass der niedrigste Gesamtpreis in beliebiger Weise angegeben wird.“
Werden in einer Werbung mehrere Preisangaben zu einem Produkt gemacht, darf der Referenzpreis im Sinne von § 11 PAngV nicht in seiner Bedeutung verschleiert werden. Auch darf er nicht durch andere Preisinformationen in den Hintergrund gerückt werden.